9. Ausgabe

Sonn(en)tag

  1. Ausgabe 27. April

Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser,

in der heutigen Ausgabe verzichte ich auf einen aktuellen Blick Richtung Deutschland. Auf das Procedere der Kanzlerwahl bin ich bereits ausführlich eingegangen. Und wirklich Neues wird es erst wieder am 6. Mai geben, wenn Friedrich Merz zum Kanzler oder nicht zum Kanzler gewählt wird. Dass politische Machtspiele einschließlich Bestechung und Stimmenkauf keine neue Errungenschaft sind, zeigt der „Jahrestag“ auf, der sich heute mit dem gescheiterten Misstrauensvotum gegen Willy Brandt beschäftigt.

Ihnen viel Spaß beim Lesen. Wenn Ihnen diese Ausgabe nicht gefällt, sagen Sie es mir. Wenn Sie Ihnen gefällt, sagen Sie es weiter. Gerne auch mit dem Link zur Anmeldung: https://sonnentag.beehiiv.com/subscribe

Herzlichst

Ursula Weyermann
[email protected] 

Jahrestag

27. April 1972
Am 27. April 1972 scheitert das von Rainer Barzel (CDU) initiierte Misstrauensvotum gegen den SPD-Kanzler Willy Brandt. Dieser ist ein im Volk sehr beliebter, aber in weiten Teilen der Bonner Republik geradezu verhasster Kanzler. Drei Jahre nach Amtsantritt steht er im Mittelpunkt einer aufgewühlten Debatte zu seiner Ostpolitik. Brandts Verträge mit den östlichen Nachbarn schaffen Fakten für eine neue Friedensordnung in Europa. Für diese Aussöhnung bekommt er 1971 den Friedensnobelpreis in Oslo - und viel Gegenwind in Deutschland.
Als besonders bedenklich gilt der Vertrag mit Polen, der Mitte Mai im Bundestag zur Abstimmung steht. Dieser Vertrag erkennt faktisch die Oder-Neiße-Linie an, wodurch die die ehemals deutschen Ostgebiete ein Teil Polens bleiben.
Diese folgenreiche Politik Brandts polarisiert auch in den eigenen Reihen der SPD-FDP-Koalition. Mehrere Abgeordnete des Regierungslagers wechseln in die CDU/CSU-Fraktion. Brandts Mehrheit im Bundestag bröckelt und droht komplett zu kippen.
Als zwei FDP-Parlamentarier ankündigen, mit der Opposition zu stimmen, glaubt der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Rainer Barzel eine Mehrheit zu haben und Kanzler werden zu können. Er fordert Brandt am 27. April heraus - und scheitert. Am Ende fehlen dem CDU-Politiker zwei Stimmen zur Mehrheit. Für Barzel ist schnell klar, dass ihm zwei Mitglieder der eigenen Fraktion die Gefolgschaft versagten. 
Kurz danach soll von der Steiner-Wienand-Affäre gesprochen werden. Der parlamentarsiche Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion Karl Wienand wird beschuldigt, den CDU-Abgeordneten Julius Steiner bestochen zu haben, nicht für Barzel zu stimmen. Erst nach dem Ende der DDR wird klar, dass die Staatssicherheit (Stasi) interveniert und die beiden Abgeordneten Leo Wagner (CSU) und Julius Steiner gekauft hat.

Elvira S. - Von Rüsselsheim nach Kempten

Elvira Sliger beim Liederkranz - Foto: Privat

„Englisch habe ich mir selbst beigebracht“, erzählt Elvira Sliger. Zu dieser Zeit hat sie noch Schmidbauer geheißen, in Rüsselsheim gelebt und dort einen gewissen Steve Sliger kennen und lieben gelernt. Der ist in der Army und in Darmstadt stationiert. Sie leiht sich Bücher in der Bibliothek, guckt Sendungen auf AFN, der Aussprache wegen, und Steve bringt ihr amerikanische Zeitungen mit. Wir schreiben das Jahr 1989.
Jetzt lebt Elvira mit ihrem Mann in Kempner/Texas, ist mittlerweile im Ruhestand und kümmert sich an zwei Tagen in der Woche um die Enkel Kayleigh und Wyatt. Einmal pro Jahr fliegt sie nach Deutschland: Was sie aus ihrer Heimat vermisst sind „Gemütlichkeit, die Sonntage mit der Familie und die Familienspaziergänge“. Aber in Deutschland zu leben kann sie sich nicht mehr vorstellen: „Da hat sich vieles verändert!“ An Texas mag sie die Gelassenheit: „Du kannst hingegen, wann, wo und wie du willst. Manche gehen in Schlafanzug-Hose zu Einkaufen. Ist jetzt nicht mein Ding. Aber das soll jeder so machen, wie er will.“
Als sie ihren Steve in Deutschland geheiratet hat, sind sie zunächst dort geblieben. Sohn Cody besucht die Grundschule in Rüsselsheim und ihr Mann wird nach Virginia geschickt. Sie bleibt mit dem Sohn in Deutschland: „Ich wollte, dass er dort die Grundschule beendet.“
Die nächste Station ist Texas, wo sie junge Familie ein Haus kauft. Steve wird nach Maryland versetzt und kommt immer mal wieder zu einem verlängerten Wochenende rübergeflogen. Elvira Sliger bewirbt sich bei der Polizei in Killeen. In der ersten Runde scheidet sie aus. Aber vier von fünf Bewerber fallen durch den Lügen-Detektor-Test. Sie besteht den Test und rückt nach. Hier bleibt sie 20 Jahre. Bis zur Rente. Sie arbeitet als „Crime Analyst“ und wird 2006 zur zivilen Mitarbeiterin des Jahres ernannt. Sohn Cody geht nach dem Highschool-Abschluss zunächst zur Marine und arbeitet mittlerweile auch bei der Polizei in Killeen.
„Mit Cody schreibe ich Textnachrichten auf deutsch. Im Familienchat schreibe ich englisch, um seine Frau nicht auszuschließen“, sagt Elvira Sliger. Sie freut sich, wenn sie beim Kaffeeklatsch im Restaurant Edelweiß deutsch sprechen und beim Liederkranz im Restaurant Brick-Oven in Kempten deutsch singen kann. „Wir singen das Kufstein-Lied“, schwärmt die 67-Jährige. „Und 'Seemann, deine Heimat ist das Meer'. Lieder eben, die die Eltern noch gesungen haben.“
Seit sie in Rente ist, mache sie mehr für sich, sagt Elvira Slige gehört eben auch der Liederkranz und der Kaffeeklatsch. In der Kaffeeklatsch-Gruppe ist sie Vorsitzende. Alle zwei Wochen gibt es ein Treffen, und zu Weihnachten, Fasching, Ostern und Muttertag ein besonderes. „Zum Muttertag bringt jeder ein kleines Geschenk mit“, erzählt sie. Dann wird gewichtelt. „Aber wenn jemand nur wenig Geld hat, dann springen die anderen ein. Wir gucken schon darauf, das es den andern gut geht.“

Elvira und Steve Sliger fühlen sich wohl in Texas -Foto: Privat

Mit Sohn und Enkelkindern Spaß haben - Foto: Privat

Dino-Fund in Big Bend

Studenten der Sul Ross State University (Alpine/TX) entdecken im Big-Bend-Nationalpark einen versteinerten Wirbel eines Alamo-Saurus'.
Dieser ist übrigens nicht nach dem Fort Alamo in Texas benannt worden, sondern nach einer geologischen Formation, der Ojo-Alamo-Formation, (spanisch: álamo – Pappel, griechisch: sauros – Echse“).
Der langhalsige Saurus mit Peitschenschwanz ist mit einer geschätzten Länge von 21 Metern der größte bekannte Dinosaurier Nordamerikas.

Das Fossil, das erstmalig in den 70ern von Forschern der University of Texas identifiziert wurde, gehört vermutlich zu einem der vollständigen Alamo-Saurus-Sklette der Region. Es wurde in das paläontologische Labor in Sul Ross überführt und dort untersucht.
Der Big Bend hat immer wieder für spektakuläre Funde gesorgt. Dazu gehören Teile eines Flug-Sauriers, dessen geschätzte Flügelspannweite 11 Meter beträgt, und der Schädel eines gehörnten Bravo-Ceratops, einer Art, die nur aus dem Big Bend bekannt ist.

Termine für Deutsche in Texas

3. Mai, 12.00 - 15.00 Uhr
Deutscher Stammtisch in Houston
La Madeleine
5885 San Felipe
(dieser Stammtisch findet jeden Samstag statt)

3. Mai, 19.00 Uhr
Stammtisch Waco
Biergarten Pivovar
320 S 8th St

3. Mai, 19.00 Uhr
Stammtisch Nord
Kirby's Icehouse
1700 Lake Robbins Dr.
The Woodlands 77380

6. Mai, 18 Uhr
Mai-Abendrunde
Little Italy
Killeen

10. Mai, 13 Uhr
Deutsche Stammtisch-Runde
mit Muttertagskaffee
Restaurant Edelweiß
708 Edwards Drive
Harker Heights

21. Mai, 13 Uhr
Mai-Kaffeerunde
Herb & Earnie's
Copperas Cove

Ausflugstipp: Schwimmen mit den Fischen

Schon mal mit Fischen geschwommen? Also, jetzt nicht im Meer, sondern in in einem Schwimmbad? Vermutlich nicht, aber eine Erfahrung, die man sich nicht entgehen lassen sollte. Wo? Im Balmorhea State-Park, der liegt im Schatten der Davis Mountains, rund 200 Meilen von El Paso entfernt und beherbergt das größte Quellwasser-Schwimmbad der Welt. Zwar liegt der Park in Toyahvale, aber die nächste Stadt mit Lebensmittelgeschäften und Tankstelle ist Balmorhea, nur vier Meilen entfernt. Mit konstant 22–24 Grad Wassertemperatur ist es eine der besten Möglichkeiten, im Sommer der texanischen Hitze zu entfliehen. Im Sommer ist ein Sprung in das kristallklare Wasser ein Hochgenuss. Und im Winter, wenn Schnee und Minusgrade in der Region üblich sind, steigt Dampf aus dem Becken auf. 

Zur Geschichte des Parks: Er wurde während der Depression von 1936 bis 1941 im Rahmen von Präsident Roosevelts New Deal vom Civilian Conservation Corps (CCC) errichtet. Obwohl der Park erst 1968 für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, gibt es Hinweise darauf, dass diese Gewässer über Jahrhunderte hinweg lebenswichtig für die Menschen und Tiere der Region waren. Es wurden indianische Artefakte gefunden, und mexikanische Bauern bewässerten ihre Felder durch von Hand gegrabene Bewässerungskanäle.

Das Schwimmbad ist ganzjährig von 8 Uhr bis zum Sonnenuntergang geöffnet. Zur Hochsaison kann die Nachfrage recht groß sein. Aber der Einlass ist begrenzt, zumal man sich seit Covid telefonisch anmelden muss.
Vom Wels bis hin zu gefährdeten Fischarten ist so einiges im klaren Wasser zu sehen und zu spüren. Man muss damit rechnen, dass ab und zu das Bein gestreift wird. Auch Schildkröten und andere Lebewesen leben im kristallklaren Wasser.

Adresse:
9207 TX-17
Toyahvale, TX 79786
Telefon: (432) 375-2370
Mail: [email protected]

Eintritt:
Erwachsene 7 Dollar
Kinder bis einschließlich 12 Jahre frei

https://tpwd.texas.gov/state-parks/balmorhea

Bild: KI/J. Staud